Cannabis richtig dosieren: Eine Anleitung für Anfänger

Warum die richtige Cannabis-Dosierung entscheidend ist
Die korrekte Dosierung von medizinischem Cannabis ist der Schlüssel für eine erfolgreiche Therapie. Dies zeigt eindrucksvoll der Abschlussbericht der fünfjährigen BfArM-Begleiterhebung: Während Patienten mit standardisierten Extrakten, Dronabinol oder Sativex® durchschnittlich nur 15 mg THC pro Tag benötigten, lag der Verbrauch bei inhalierten Cannabisblüten bei enormen 249 mg THC täglich – mehr als das 16-Fache der anderen Darreichungsformen.
Worum geht's?
- Sehr niedrig anfangen und langsam steigern - Beginnen Sie mit nur 0,05-0,1g Cannabisblüten oder 2,5mg THC täglich. Erhöhen Sie nur um 25-50mg alle 1-3 Tage nach dem "Start Low, Go Slow"-Prinzip.
- Darreichungsform beeinflusst Dosierung drastisch - Inhaliertes Cannabis benötigt 16x mehr THC als Extrakte (249mg vs 15mg täglich). Wählen Sie Vaporizer für schnelle Linderung oder Öle für anhaltende Wirkung.
- Alles 48 Stunden lang dokumentieren - Führen Sie ein detailliertes Cannabis-Tagebuch mit Wirkungen und Nebenwirkungen für 48 Stunden nach jeder Dosisänderung. Das verhindert den Hauptgrund für Therapieversagen: zu schnelle Steigerung.
- 30% Symptomlinderung anstreben - Zielen Sie auf mindestens 30% Symptomverbesserung ohne störende Nebenwirkungen ab, nicht auf komplette Beseitigung. Dieses realistische Ziel führt zu nachhaltigem Behandlungserfolg.
- Individuell anpassen basierend auf persönlichen Faktoren - Körpergewicht, Stoffwechsel, Medikation und Cannabis-Erfahrung beeinflussen die optimale Dosis. Übernehmen Sie nie die Dosis anderer – sorgfältige Titration ist unverzichtbar.
Diese drastischen Unterschiede verdeutlichen, warum eine zu hohe Einstiegsdosis das Risiko unerwünschter Effekte wie Schwindel, Müdigkeit oder Herzrasen erheblich steigert. Eine durchdachte Herangehensweise an die Dosierung ist daher unerlässlich für den Therapieerfolg.
Die Goldene Regel: "Start Low, Go Slow"
Medizinische Fachkreise weltweit schwören auf das Prinzip "Start Low, Go Slow" – beginnen Sie niedrig und steigern Sie langsam. Die Bundesapothekerkammer empfiehlt für Cannabisblüten eine Anfangsdosis von nur 0,05–0,1 g (50–100 mg) pro Tag, gefolgt von einer vorsichtigen Steigerung um 25–50 mg alle 1-3 Tage.
Alternativ beginnen viele Ärzte mit einer noch geringeren THC-Menge von 2,5 mg THC pro Tag (entspricht etwa 10–15 mg Blüte bei 20% THC-Gehalt) und erhöhen die Dosis um 1,25–2,5 mg THC alle zwei Tage.
Dosierungsschema im Überblick
Einstiegsdosis | Steigerung | Maximale Tagesdosis* |
---|---|---|
0,05–0,1 g Blüte | +25–50 mg alle 1–3 Tage | 3 g Blüte bzw. 30 mg THC |
2,5 mg THC (Extrakt) | +1,25–2,5 mg THC alle 2 Tage | 30 mg THC |
*Obergrenzen aus Praxisleitfäden; individuelle ärztliche Entscheidung erforderlich.
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Cannabis-Darreichungsformen und ihre Wirkungsprofile
Die Wahl der richtigen Darreichungsform beeinflusst maßgeblich Wirkungseintritt, -dauer und Dosierung:
Inhalation (Vaporizer)
- Wirkungseintritt: 2–5 Minuten
- Wirkungsdauer: 2–4 Stunden
- Bioverfügbarkeit: 10–35% THC
- Eignung: Akute Beschwerden, präzise Dosisanpassung
Die Inhalation über Vaporizer ermöglicht die schnellste Wirkung und beste Kontrolle über die Dosierung, da die Effekte binnen Minuten spürbar sind.
Orale Extrakte und Öle
- Wirkungseintritt: 30–90 Minuten
- Wirkungsdauer: 4–8 Stunden
- Bioverfügbarkeit: 5–10% THC
- Eignung: Dauertherapie, konstanter Wirkstoffspiegel
Orale Cannabis-Präparate durchlaufen den First-Pass-Effekt der Leber, wodurch die Bioverfügbarkeit sinkt, aber die Wirkung länger anhält.
Kapseln und Esswaren
- Wirkungseintritt: 60–120 Minuten
- Wirkungsdauer: 6–8 Stunden (bis 10 Stunden)
- Bioverfügbarkeit: 5–10% THC
- Eignung: Nacht- oder Langzeitwirkung
Essbare Cannabis-Produkte haben den langsamsten Wirkungseintritt, aber auch die längste Wirkdauer, was sie ideal für die nächtliche Anwendung macht.
Sublinguale Anwendung
- Wirkungseintritt: 15–45 Minuten
- Wirkungsdauer: 6–8 Stunden
- Bioverfügbarkeit: 15–30% THC/CBD
- Eignung: Kompromiss zwischen schneller und lang anhaltender Wirkung
THC vs. CBD: Unterschiede in der Dosierung
THC (Tetrahydrocannabinol) ist die psychoaktive Komponente von Cannabis. Aufgrund seiner berauschenden Wirkung sollten Anfänger mit maximal 2,5 mg THC beginnen und die Dosis sehr vorsichtig steigern.
CBD (Cannabidiol) wirkt nicht berauschend und wird meist in höheren Dosen gut vertragen. Übliche Einsteigerdosen liegen bei 5–25 mg CBD. CBD kann psychoaktive THC-Effekte dämpfen, ist aber kein verlässliches Antidot bei einer Cannabis-Überdosierung.
Schritt-für-Schritt-Anleitung für die erste Cannabis-Dosierung
Schritt 1: Abendliche Erstdosis
Beginnen Sie mit einer abendlichen Erstdosis von 0,05 g Blüte oder 2,5 mg THC-Extrakt. Die abendliche Anwendung minimiert das Risiko von Beeinträchtigungen im Alltag.
Schritt 2: 48-Stunden-Beobachtung
Dokumentieren Sie 48 Stunden lang alle Wirkungen und Nebenwirkungen in einem Cannabis-Tagebuch. Diese Aufzeichnungen sind für spätere Dosisanpassungen unverzichtbar.
Schritt 3: Vorsichtige Steigerung
Erhöhung um maximal 25–50 mg Blüte bzw. 1,25–2,5 mg THC, frühestens nach 48 Stunden. Diese schrittweise Titration verhindert Überdosierungen.
Schritt 4: Zielwert definieren
Der Zielwert ist erreicht, wenn eine Symptomlinderung von mindestens 30% ohne störende Nebenwirkungen eintritt. Dieses Kriterium stammt aus der pragmatischen Schmerztherapie.
Schritt 5: Ärztliche Kontrolle
Nach vier Wochen sollte die erste ärztliche Kontrolle erfolgen. Weitere Dosisanpassungen sollten nur in 10–20%-Schritten vorgenommen werden.
Individuelle Faktoren bei der Cannabis-Dosierung
Mehrere Faktoren beeinflussen die optimale Cannabis-Dosis:
Körpergewicht und Stoffwechsel: Schwerere Personen benötigen oft höhere Dosen. Der Leberstoffwechsel variiert individuell stark.
Begleitmedikation: CYP3A4-Hemmer können die THC-Plasmaspiegel erhöhen und erfordern eine Dosisreduktion.
Cannabis-Erfahrung: Paradoxerweise zeigen erfahrene Konsumenten beim Rauchen eine geringere Bioverfügbarkeit (5–24%) als Neulinge, was zu Unter- oder Überdosierung führen kann.
Praktische Dosierungstabelle für Cannabisblüten
Am Beispiel einer Cannabisblüte mit 18% THC-Gehalt:
Blütenmenge | Enthält THC | Empfehlung |
---|---|---|
50 mg | ≈ 9 mg | Einsteiger-Start |
100 mg | ≈ 18 mg | Mögliche Dosis Tag 3–5 |
200 mg | ≈ 36 mg | Nur bei guter Verträglichkeit |
Berechnungsformel: THC-Gehalt (%) × Blütengewicht (g) × 1000
Häufige Dosierungsfehler vermeiden
Zu schnelle Steigerung
Zu schnelles Auftitrieren ist der Hauptgrund für Therapieabbrüche in 38% der Fälle. Geduld ist der Schlüssel zum Erfolg.
Falsche Darreichungsform
Edibles bei akuten Schmerzen sind ungeeignet, da der verzögerte Wirkungseintritt zu Überdosierungen verleitet.
Fehlende Dokumentation
Ohne ein Cannabis-Tagebuch fehlen objektive Daten für zielgerichtete Dosisanpassungen.
Cannabis-Überdosierung erkennen und behandeln
Symptome einer Überdosierung
- Starker Schwindel
- Angst oder Panikattacken
- Herzrasen (Tachykardie)
- Blutdruckabfall
- Übelkeit
Erste-Hilfe-Maßnahmen
Bei einer Cannabis-Überdosierung helfen eine ruhige Umgebung, ausreichend Flüssigkeit und beruhigende Gespräche. Die Symptome sind in der Regel selbstlimitierend. Bei schweren Kreislaufproblemen sollten Sie jedoch ärztliche Hilfe suchen.
Rechtliche Rahmenbedingungen in Deutschland
Medizinisches Cannabis
Seit dem Medizinalcannabisgesetz (MedCanG) vom 1. April 2024 kann medizinisches Cannabis auf einem normalen E-Rezept verschrieben werden – ein BtM-Rezept ist nicht mehr erforderlich.
Verschreibungshöchstmengen für Fertigarzneimittel:
- Cannabisblüten: 100 g pro 30 Tage
- Cannabis-Extrakt: 1.000 mg THC
- Dronabinol: 500 mg
Cannabis für Erwachsene
Das Cannabisgesetz (CanG) erlaubt Erwachsenen seit April 2024:
- Besitz von 25 g in der Öffentlichkeit
- Besitz von 50 g im privaten Bereich
- Anbau von maximal 3 Pflanzen
Fazit: Der Weg zur optimalen Cannabis-Dosierung
Die richtige Cannabis-Dosierung ist ein individueller Prozess, der Geduld und systematisches Vorgehen erfordert. Die Regel "Start Low, Go Slow" zusammen mit sorgfältiger Dokumentation und ärztlicher Begleitung führt zum besten Therapieerfolg.
Denken Sie daran: Cannabis ist ein potentes Medikament, das Respekt verdient. Eine zu niedrige Dosis können Sie immer noch erhöhen – eine Überdosierung lässt sich jedoch nicht mehr rückgängig machen.
Beginnen Sie klein, steigern Sie langsam und hören Sie auf Ihren Körper. Mit diesem Ansatz finden Sie die für Sie optimale Cannabis-Dosierung und können die therapeutischen Vorteile sicher und effektiv nutzen.
Dieser Artikel dient ausschließlich der Information und ersetzt nicht die professionelle medizinische Beratung. Konsultieren Sie immer einen qualifizierten Arzt, bevor Sie mit einer Cannabis-Therapie beginnen.