Cannabisgesetz: Welche Regeln gelten seit der Teillegalisierung in 2024?

Cannabisgesetz: Welche Regeln gelten seit der Teillegalisierung in 2024?
privatrezept.net Redaktion
23 Minuten
1.8.2025

Am 1. April 2024 trat in Deutschland das umstrittene Cannabisgesetz in Kraft. Erstmals wurde damit der Besitz und Anbau von Cannabis für Erwachsene in begrenztem Umfang legalisiert. Viele Bürgerinnen und Bürger fragen sich seitdem mit Unsicherheit: Was ist nun erlaubt, wo bekommt man Cannabis, und wie steht es um Gesundheit und Jugendschutz?

Wir beleuchten die neuen Regeln zum Eigenanbau und Eigenbedarf, die Rolle von Cannabis-Clubs, Verbote beim Konsum in der Öffentlichkeit und im Straßenverkehr sowie Maßnahmen zum Schutz Minderjähriger. Zudem betrachten wir, welche Entwicklungen sich im ersten Jahr seit der Teillegalisierung gezeigt haben und welche Kritik es gibt.

Kurze Zusammenfassung

Worum geht's?

  • Legaler Besitz und Eigenanbau Erwachsene dürfen 25g öffentlich und 50g privat besitzen sowie bis zu 3 Pflanzen anbauen

  • Cannabis-Clubs als einzige Bezugsquelle Anbauvereine mit max. 500 Mitgliedern geben 50g/Monat ab, kein freier Verkauf in Läden

  • Eingeschränkter öffentlicher Konsum Verboten in 200m um Schulen/Kitas, in Fußgängerzonen (7-20 Uhr) und vor Minderjährigen

  • Neuer THC-Grenzwert im Verkehr 3,5 ng/ml Blutgrenze führt zu 500€ Bußgeld und einem Monat Fahrverbot

  • Komplettes Verbot für Jugendliche Unter-18-Jährige bleiben ausgeschlossen, Abgabe an sie wird mit mindestens 2 Jahren Haft bestraft

Eigenbedarf und Eigenanbau: Welche Regelungen gelten?

Mit Inkrafttreten des Cannabisgesetzes wurde Cannabis aus der Liste der verbotenen Betäubungsmittel gestrichen. Dennoch gelten klare Grenzen für den legalen Eigenbedarf:

  • Besitzmenge: Erwachsene (ab 18 Jahren) dürfen seit April 2024 bis zu 25 Gramm Cannabis in der Öffentlichkeit mit sich führen. In der eigenen Wohnung sind bis zu 50 Gramm getrocknetes Cannabis zum Eigenverbrauch erlaubt.
  • Eigenanbau: Pro volljähriger Person sind der Anbau von bis zu 3 Cannabispflanzen zum persönlichen Konsum gestattet. Die Pflanzen (und das geerntete Cannabis) müssen allerdings so aufbewahrt werden, dass Kinder oder Jugendliche keinen Zugriff haben.
  • Toleranzgrenzen und Strafen: Wird die erlaubte Menge geringfügig überschritten, droht zunächst nur eine Ordnungswidrigkeit. Konkret bleibt Besitz bis 30 Gramm (öffentlich) bzw. 60 Gramm (privat) folgenlos im Sinne des Strafrechts, kann aber mit einer Geldbuße geahndet werden. Erst bei größeren Mengen – also deutlich über dem Eigenbedarf – greifen wieder Strafgesetze: Hier drohen Geldstrafen oder sogar Freiheitsstrafen von bis zu 3 Jahren (ähnlich wie früher nach dem Betäubungsmittelgesetz).
  • Cannabissamen: Erwachsene dürfen Cannabis-Samen zum privaten Anbau legal erwerben und einführen. Insbesondere ist der Bezug von Samen aus EU-Mitgliedstaaten – etwa via Online-Bestellung – erlaubt. Zusätzlich können Cannabis-Clubs (siehe unten) bis zu sieben Cannabissamen oder fünf Jungpflanzen pro Monat an volljährige Nicht-Mitglieder zum Zweck des privaten Eigenanbaus abgeben, sofern das Saatgut in der Anbauvereinigung entstanden ist.

Diese Regelungen sollen sicherstellen, dass kleine Mengen für den Eigenkonsum straffrei bleiben, während der Verkauf oder Besitz großer Mengen weiterhin unterbunden wird. Wichtig: Auch nach der Teillegalisierung bleibt Cannabis für Minderjährige absolut tabu (Details dazu unten). Außerdem dürfen Anbaupflanzen keinesfalls in die Hände von Kindern gelangen – Eigenanbau ist also nur im "befriedeten Besitztum" erlaubt, sprich im eigenen Wohnraum oder umzäunten Garten, nicht etwa auf öffentlich zugänglichen Flächen.

Derzeit existiert kein regulärer Verkauf von Genuss-Cannabis in Läden oder Apotheken. Legal beziehen können volljährige Personen Cannabis aktuell ausschließlich auf zwei Wegen:

  1. Privater Eigenanbau: Wie oben beschrieben dürfen Erwachsene selbst eine begrenzte Anzahl an Pflanzen anbauen und ernten.
  2. Cannabis-Clubs (Anbauvereinigungen): Das Cannabisgesetz erlaubt den gemeinschaftlichen, nicht-gewinnorientierten Anbau in sogenannten Anbauvereinen oder „Cannabis Social Clubs". Diese Vereine übernehmen vorerst die Rolle der Ausgabestellen.

Die Cannabis-Clubs unterliegen strengen gesetzlichen Auflagen:

  • Ein Club darf maximal 500 Mitglieder haben; alle Mitglieder müssen mindestens 18 Jahre alt sein und ihren Wohnsitz seit mindestens 6 Monaten in Deutschland haben. Eine Person darf nur in einem einzigen Club Mitglied sein – Mehrfach-Mitgliedschaften sind verboten.
  • Pro Mitglied dürfen die Vereine höchstens 25 g Cannabis pro Tag und 50 g pro Monat zum Eigenkonsum abgeben. Für heranwachsende Mitglieder unter 21 Jahren gelten dabei zusätzliche Beschränkungen: höchstens 30 g pro Monat und nur Cannabis mit einem THC-Gehalt von unter 10 %. Damit soll das Risiko durch hochpotente Sorten für diese Altersgruppe vermindert werden.
  • Die Clubs dürfen keinerlei Gewinne erzielen; sie finanzieren sich meist über Mitgliedsbeiträge. Sie müssen ein Jugend- und Suchtschutz-Konzept vorweisen und entsprechende Beauftragte benennen. Werbung für Cannabis oder den Club ist strikt untersagt.
  • Ein Club darf nicht überall eröffnen: Es gilt ein Mindestabstand von 200 Metern zum Eingangsbereich von Schulen, Kitas, Jugend- und Freizeiteinrichtungen sowie Spielplätzen. Damit sollen Kinder und Jugendliche in ihrem Umfeld nicht mit Cannabis in Kontakt kommen.
  • Konsumverbote: Innerhalb der Räumlichkeiten der Anbauvereinigungen selbst – und in deren unmittelbarer Sichtweite – ist der Konsum von Cannabis ausdrücklich verboten. Die Clubs dienen also nur der Verteilung, nicht als Rauchtreff.

Außerhalb dieser Vereine ist die Abgabe von Cannabis weiterhin illegal. Es gibt bislang nur Pilotprojekte für Modellregionen in Planung (siehe weiter unten). Somit können sich Konsumenten derzeit legal entweder selbst versorgen oder einem Cannabis-Club beitreten. Diese Clubs stehen unter behördlicher Aufsicht: Jede Anbauvereinigung benötigt eine behördliche Erlaubnis und wird regelmäßig kontrolliert.

Hinweis: Die Zahl der verfügbaren Cannabis-Clubs ist bisher begrenzt, da erst ab Juli 2024 Anträge gestellt werden konnten. In manchen Regionen gibt es Wartezeiten oder noch gar keine aktiven Vereine, was viele Konsumenten weiterhin auf Eigenanbau oder den Schwarzmarkt ausweichen lässt.

Ist Kiffen in der Öffentlichkeit erlaubt?

Die öffentliche Konsumierung von Cannabis bleibt stark eingeschränkt. Das Gesetz sieht explizite Rauchverbote in bestimmten Zonen vor, um Belästigungen und Gefährdungen Dritter – insbesondere von Kindern – zu verhindern:

  • In unmittelbarer Nähe von Schulen, Kindergärten, Spielplätzen und öffentlichen Sportstätten darf kein Cannabis konsumiert werden. Konkret wird ein Radius von 200 Metern um die Eingangsbereiche solcher Einrichtungen als Schutzzone definiert. Hier soll verhindert werden, dass Minderjährige den Konsum beobachten oder Passivrauch ausgesetzt sind.
  • In Fußgängerzonen (Innenstadtbereiche) ist der Konsum laut Gesetz tagsüber untersagt, nämlich zwischen 7 und 20 Uhr. Außerhalb dieser Zeiten – also spätabends oder nachts – ist es in Fußgängerzonen zwar legal, aber natürlich gelten weiterhin Rücksichtnahme und örtliche Lärmschutzregeln.
  • Generell gilt: Nicht in Gegenwart von Minderjährigen rauchen! Das Gesetz formuliert ein Konsumverbot „in unmittelbarer Nähe von Personen unter 18 Jahren". Das heißt, selbst außerhalb der oben genannten Zonen ist Rücksicht geboten: Sobald sich Kinder oder Jugendliche in Sichtweite befinden, ist das Rauchen untersagt.

Abgesehen von diesen Verboten ist das Rauchen („Kiffen") für Erwachsene an vielen öffentlichen Orten theoretisch erlaubt – aber Achtung: Viele Städte können per Hausrecht oder Verordnung zusätzliche Einschränkungen erlassen (z.B. in Parks, auf Bahnhöfen oder bestimmten Plätzen). Zudem bleibt Cannabis wie Tabak ein Rauchprodukt, das unter das Nichtraucherschutzgesetz fällt: In geschlossenen öffentlichen Räumen (Gaststätten, Behörden, ÖPNV etc.) ist das Rauchen ohnehin verboten.

Kurzum: Man darf zwar grundsätzlich als Erwachsener Cannabis konsumieren, sollte dies aber am besten in den eigenen vier Wänden tun. Ansonsten muss man sehr genau auf die Umgebung achten. Verstöße gegen die öffentlichen Konsumverbote können als Ordnungswidrigkeit geahndet werden und führen zumindest zur Beschlagnahmung des Joints.

Wie wird Cannabis-Konsum im Straßenverkehr geahndet?

Unter Einfluss von Cannabis ein Fahrzeug zu führen, bleibt verboten – daran hat sich auch mit der Legalisierung nichts geändert. Allerdings wurde ein neuer Grenzwert für THC im Blut eingeführt, um besser zwischen gelegentlichem Konsum und echter Fahruntüchtigkeit zu unterscheiden:

  • Seit August 2024 gilt ein gesetzlicher THC-Grenzwert von 3,5 Nanogramm pro Milliliter Blutserum. Überschreitet ein Autofahrer diesen Wert, gilt er als „berauscht" am Steuer. Zum Vergleich: Der Grenzwert entspricht grob der Wirkung von etwa 0,2 Promille Alkohol im Blut.
  • Wer mit ≥3,5 ng/ml THC am Steuer erwischt wird, begeht eine Ordnungswidrigkeit und muss mit 500 € Bußgeld, einem Monat Fahrverbot sowie 2 Punkten in Flensburg rechnen (Regelfall, beim ersten Verstoß). Bei einem zweiten Verstoß steigen Bußgeld und Fahrverbot entsprechend (ähnlich wie bei Alkoholvergehen).
  • Mischkonsum von Cannabis und Alkohol ist strikt untersagt. Bereits die Kombination von z.B. einem Bier plus einem Joint führt dazu, dass schärfere Regeln greifen: In solchen Fällen drohen 1.000 € Bußgeld, ein Monat Fahrverbot und 2 Punkte.
  • Fahranfänger und U21-Fahrer: Für junge Fahrer unter 21 Jahren sowie in der zweijährigen Führerschein-Probezeit gilt weiterhin Null Toleranz. Hier greift der 3,5-ng-Wert nicht – es ist jeglicher THC-Nachweis am Steuer verboten. Schon kleinste Mengen (über den Labor-Grenzwerten) führen zu Maßnahmen, typischerweise 250 € Bußgeld bei Verstoß.

Die Einführung des 3,5-ng-Grenzwertes beruht auf Expertenempfehlungen. Ziel war es, Gelegenheitskiffer nicht unnötig hart zu bestrafen, solange keine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit vorliegt. Studien zeigen, dass geübte Konsumenten unterhalb dieser Schwelle kaum fahrrelevante Einschränkungen haben. Dennoch warnt der ADAC: Auch mit dem neuen Grenzwert gilt, dass Personen, die unter der Wirkung von Cannabis stehen, kein Kraftfahrzeug führen sollten. THC kann Reaktionszeit, Konzentration und Koordination beeinträchtigen – ähnliche Effekte wie Alkohol – was im Straßenverkehr fatale Folgen haben kann. Eine intensive Aufklärung der Bevölkerung zu den erhöhten Unfallrisiken ist aus Sicht der ADAC-Fachleute dringend notwendig.

Wie sollen Minderjährige geschützt werden?

Minderjährige (unter 18 Jahren) sind von der Cannabislegalisierung ausdrücklich ausgenommen. Das bedeutet:

  • Für Jugendliche und Kinder bleibt der Erwerb, Besitz und Anbau von Cannabis verboten. Es gibt keine legale Menge für Unter-18-Jährige.
  • Allerdings werden Minderjährige, die dennoch mit Cannabis erwischt werden, nicht mehr strafrechtlich verfolgt. Cannabisbesitz von Jugendlichen ist jetzt ein „verwaltungsrechtliches Verbot" – das heißt, es gibt keine Anzeige oder Gerichtsverhandlung allein wegen des Joints. Stattdessen greifen erzieherische Maßnahmen.
  • Konsequenzen bei Verstoß: Die Polizei wird das Cannabis umgehend sicherstellen und vernichten. Anschließend werden die Erziehungsberechtigten informiert. In schweren Fällen oder bei wiederholten Verstößen muss auch das Jugendamt eingeschaltet werden, um das Kindeswohl zu prüfen.
  • Jugendlichen, die beim Kiffen auffällig werden, soll die Teilnahme an präventiven Interventionsprogrammen angeboten werden. Statt Strafe setzt man also auf Aufklärung und Hilfe, um eine Suchtkarriere zu verhindern.
  • Die Weitergabe von Cannabis an Minderjährige bleibt ein schweres Straftatdelikt. Wer als Erwachsener einem Kind oder Jugendlichen Cannabis anbietet oder verkauft, muss mit deutlich verschärften Strafen rechnen. Der Gesetzgeber hat hier den Mindeststrafrahmen von 1 auf 2 Jahre Freiheitsstrafe angehoben – was praktisch eine unumgängliche Haftstrafe bedeutet (Bewährung ist bei Mindeststrafe 2 Jahre kaum möglich). Damit soll ein starkes Abschreckungssignal gesetzt werden.
  • Zusätzlich hat die Bundesregierung umfangreiche Präventionskampagnen gestartet, um Jugendliche über die Risiken von Cannabis aufzuklären. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) entwickelt spezielles Infomaterial für Schulen und Jugendzentren. Auch die Cannabis-Clubs müssen jeden jugendlichen Verstoß sofort melden und ihre Mitglieder über Suchtgefahren schulen.

Alles in allem bleibt Cannabis für Unter-18-Jährige komplett illegal. Die Reaktion des Gesetzes auf jugendlichen Konsum ist jedoch nicht mehr Strafe, sondern Erziehung: Eltern, Schulen und Behörden sollen frühzeitig eingreifen, wenn Jugendliche kiffen. Damit verfolgt das Gesetz eines seiner Hauptziele, nämlich den Jugendschutz zu stärken.

Wo stellt man einen Antrag für die Zulassung einer Anbauvereinigung?

Cannabis-Clubs dürfen nicht einfach spontan gegründet werden – sie benötigen eine behördliche Erlaubnis, bevor sie legal Cannabis anbauen und abgeben dürfen. Die Zuständigkeiten liegen bei den Bundesländern und unterschiedlichen Behörden:

  • In Niedersachsen erteilt die Landwirtschaftskammer Niedersachsen (LWK) diese Genehmigungen und überwacht die Vereine. Vereine müssen dort einen umfangreichen Antrag einreichen (inklusive Führungszeugnissen des Vorstands, Sicherheitskonzept etc.).
  • In der Stadt Hamburg ist das Bezirksamt Hamburg-Altona (Fachamt Verbraucherschutz) für Anbauvereinigungen zuständig. Dort wurde z.B. im Herbst 2024 der erste Hamburger Cannabis-Club („High End Social Club") offiziell lizenziert.
  • In Schleswig-Holstein fungiert das Landeslabor Schleswig-Holstein (LSH) als Genehmigungsbehörde. Anträge von Vereinen aus SH sind ans Landeslabor zu richten, das auch die Kontrollen übernimmt.
  • In Mecklenburg-Vorpommern liegt die Verantwortung beim Agrar- und Umweltministerium, konkret beim Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei (LALLF). Dieses Amt prüft die Anträge, erteilt die Erlaubnisse und führt die Überwachung der Cannabis-Clubs in MV durch.

Andere Bundesländer haben jeweils eigene Lösungen – oft sind Landesgesundheitsämter, Ministerien oder örtliche Behörden betraut. Wichtig ist: Ohne behördliche Erlaubnis ist jeder gemeinschaftliche Anbau weiterhin illegal. Interessierte Vereine müssen sich also an die zuständigen Stellen ihres Bundeslandes wenden und ein umfangreiches Genehmigungsverfahren durchlaufen. Erst nach positiver Prüfung (die bis zu drei Monate dauern darf) darf ein Verein legal mit dem Anbau starten.

Cannabisgesetz: Ist Dealen weiterhin strafbar?

Ja – der Handel mit Cannabis außerhalb der lizenzierten Vereine bleibt strafbar. Die Legalisierung beschränkt sich auf den privaten Konsum und nicht-gewerblichen Vereinsbereich. Kommerzielles Dealen („Verkaufen") ist nach wie vor ein Vergehen nach dem Betäubungsmittelstrafrecht.

Das bedeutet im Klartext: Wer ohne Erlaubnis Cannabis anbaut, verkauft oder an Nicht-Mitglieder abgibt, macht sich strafbar – genauso wie vor der Reform. Auch Minderjährige, die mit Cannabis handeln, können strafrechtlich belangt werden (hier greifen Jugendstrafrecht und Erziehungsmaßregeln).

Um den Schutz von Jugendlichen zu erhöhen, wurden die Strafrahmen im neuen Gesetz teils verschärft. Beispiel: Wenn ein über 21-Jähriger gewinnorientiert Cannabis an Minderjährige abgibt, beträgt die Mindeststrafe jetzt 2 Jahre Haft (vorher 1 Jahr). Auch bandenmäßiger Anbau, Handel oder Schmuggel in nicht geringen Mengen wird weiterhin mit mehrjährigen Freiheitsstrafen geahndet. Gelegenheitsdealer müssen ebenfalls mit Anklagen rechnen.

Das „klassische" illegale Dealen auf der Straße ist also nach wie vor verboten – genauso wie der Verkauf größerer Mengen oder ohne Lizenz. Die Polizei geht weiterhin gegen solche Verstöße vor. Das Cannabisgesetz entlastet zwar Konsumenten, nicht aber die Dealer: Für sie hat sich das Risiko eher erhöht, da der Schwarzmarkt ausdrücklich eingedämmt werden soll.

Ist auch ein kommerzieller Handel geplant?

Die aktuelle Teillegalisierung (Säule 1) umfasst nur Eigenanbau und Clubs. Ein legaler kommerzieller Vertrieb – also Cannabis-Verkaufsstellen, Coffeeshops oder Apothekenverkauf – ist vorerst nicht eingeführt. Allerdings hat die Bundesregierung eine zweite Stufe im Blick:

Geplant ist ein „Modellvorhaben" in ausgewählten Regionen, in denen für begrenzte Zeit kommerzielle Lieferketten erprobt werden sollen. In diesen Modellregionen könnten lizensierte Fachgeschäfte oder Apotheken Cannabis an Erwachsene verkaufen, begleitet von wissenschaftlicher Forschung. Die Modellphase soll voraussichtlich fünf Jahre dauern und evaluiert werden. Dieses Vorhaben – oft als „Säule 2" der Legalisierung bezeichnet – wurde 2023 bereits angekündigt.

Stand August 2025 ist das kommerzielle Pilotprojekt jedoch noch nicht gestartet. Zunächst müssen rechtliche Fragen mit der EU geklärt werden, da der dauerhafte freie Verkauf mit internationalen Drogenabkommen kollidieren könnte. Die Bundesregierung hat angekündigt, ihren Gesetzentwurf für Säule 2 der EU-Kommission vorzulegen und ein Notifizierungsverfahren abzuwarten.

Fakt ist: Der Schwarzmarkt existiert vorerst weiter. Ohne kommerzielle Verkaufsstellen können viele Konsumenten nicht ausreichend durch Eigenanbau oder Clubs versorgt werden. Die zweite Säule der Legalisierung zielt darauf ab, das illegale Angebot durch legale Verkaufsoptionen deutlich zu reduzieren. Ob dieses Experiment kommt und erfolgreich sein wird, lässt sich Anfang August 2025 noch nicht beantworten.

Welche Gesetze galten bislang in Deutschland?

Zur Einordnung: Bis März 2024 war Cannabis in Deutschland vollständig illegal (abgesehen von medizinischer Nutzung). Es zählte im Betäubungsmittelgesetz (BtMG) zu den verbotenen Substanzen, die neben Drogen wie Heroin und MDMA („Ecstasy") geführt wurden1. Somit war jeglicher Besitz von Cannabis und Cannabisprodukten (Haschisch, Marihuana) bis Ende März 2024 strafbar. Bei einer geringen Menge zum Eigengebrauch konnte die Staatsanwaltschaft zwar von einer Strafverfolgung absehen – die Grenzen dafür variierten je nach Bundesland (oft 6–10 g) –, dennoch blieb der Besitz an sich eine Straftat.

Erst im März 2017 gab es eine Lockerung für medizinisches Cannabis: Schwerkranke Patienten durften Cannabis auf Rezept erhalten. Dieses Medizinal-Cannabis wurde rechtlich klar vom Genuss-Cannabis getrennt. Die ab 1.4.2024 in Kraft getretene Teillegalisierung betrifft ausschließlich Cannabis zu Genusszwecken, während medizinisches Cannabis weiterhin nach separaten Regeln (Medizinal-Cannabisgesetz) verordnet und abgegeben wird.

Somit war vor 2024 jeder Freizeitkonsum von Cannabis illegal. Viele Konsumenten – schätzungsweise 4 Millionen Deutsche zwischen 18 und 64 Jahren im Jahr 2021 – machten sich strafbar, auch wenn sie oft nicht verfolgt wurden. Dieser Zustand endete mit dem Cannabisgesetz zum 1. April 2024. Es markiert einen historischen Kurswechsel in der deutschen Drogenpolitik, indem es erstmals Besitz und Anbau für den Eigengebrauch entkriminalisierte.

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Was gilt für frühere Verurteilungen und laufende Verfahren?

Die Legalisierung wurde rückwirkend teilweise berücksichtigt, um Bürger zu entlasten, die nach altem Recht verurteilt wurden. Konkret sieht das Gesetz eine Amnestie für Kleinstverstöße vor:

  • Löschung früherer Einträge: Wer in der Vergangenheit wegen Besitzes von bis zu 25 g Cannabis oder Anbaus von bis zu 3 Pflanzen verurteilt wurde, kann beantragen, dass diese Verurteilung aus dem Bundeszentralregister gelöscht wird. Diese Regelung gilt ab dem 1. Januar 2025 (dem Inkrafttreten der entsprechenden Gesetzespassage).
  • Einstellung laufender Verfahren: Alle noch laufenden Ermittlungs- oder Gerichtsverfahren, die entsprechende geringe Mengen betreffen, werden im Zuge der Gesetzesänderung beendet. Im Klartext: Wer wegen ein paar Gramm Cannabis angeklagt war und dessen Verfahren im April 2024 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen war, muss nun keine Verurteilung mehr fürchten – das Verfahren wird eingestellt.

Wichtig: Dies gilt nur für Taten, die nach neuem Recht straffrei sind (also kleine Mengen oder Eigenanbau). Größere Delikte bleiben natürlich verfolgt. Die Löschung erfolgt nicht automatisch, sondern auf Antrag der betroffenen Person. Zuständig ist die Staatsanwaltschaft, die die Eintragung dann zur Löschung freigibt. Betroffene müssen sich also aktiv melden, um von der Amnestie zu profitieren.

Diese Rehabilitierungsklausel soll verhindern, dass Bürger wegen Handlungen vorbestraft bleiben, die heute gar nicht mehr illegal wären. Es ist ein Akt der Rechtsbereinigung und auch Fairness.

Warum wurde Cannabis zum Teil legalisiert?

Die Bundesregierung verfolgte mit der Teillegalisierung mehrere Ziele. Hauptargumente für das Cannabisgesetz waren:

  • Bekämpfung des Schwarzmarkts: Trotz Jahrzehnten des Verbots stieg der Cannabiskonsum kontinuierlich an. Dadurch florierte ein Schwarzmarkt, auf dem weder Jugendschutz noch Qualitätskontrollen greifen. Das Gesetz soll den illegalen Markt austrocknen, indem es legale Bezugsmöglichkeiten schafft.
  • Gesundheitsschutz der Konsumenten: Auf dem Schwarzmarkt ist Cannabis oft verunreinigt oder extrem THC-haltig, was hohe Gesundheitsrisiken birgt. Durch kontrollierten Anbau und Abgabe in Vereinen kann die Qualität (THC-Gehalt, Reinheit) überwacht werden. Ziel ist, zu einem verbesserten Gesundheitsschutz beizutragen – keine giftigen Streckmittel oder unbekannt hohen Wirkstoffdosen mehr.
  • Kinder- und Jugendschutz: Das bisherige Verbot bot keinen ausreichenden Schutz für Jugendliche – im Gegenteil, Cannabis war für sie leicht über illegale Dealer erhältlich. Die Teillegalisierung geht einher mit strengeren Regeln zum Jugendschutz und intensiver Prävention. So sollen Jugendliche weniger in Kontakt mit illegalen Verkäufern kommen und besser über Risiken aufgeklärt werden.
  • Prävention und Aufklärung: Ein legaler Rahmen ermöglicht es, offen über die Risiken des Cannabiskonsums zu sprechen und Präventionsprogramme zu starten, ohne dass alles ins Illegale verdrängt ist. Die organisierte Drogenkriminalität soll eingedämmt und die Ressourcen der Strafverfolgung auf schwere Delikte konzentriert werden.
  • Gescheiterte Prohibitionspolitik: Laut Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach war die Cannabis-Verbotspolitik der letzten Jahre nicht erfolgreich. Er verwies darauf, dass sich von 2011 bis 2021 der Cannabis-Konsum bei Jugendlichen verdoppelt hat und sich auch die Zahl der Drogentoten verdoppelt hat. Das Verbot konnte diese Entwicklungen nicht verhindern. Daher entschied sich die Ampel-Koalition für einen neuen Ansatz.

Ein Blick ins Ausland bestärkte die Legalisierungsbefürworter: In einigen Ländern wie Kanada oder bestimmten US-Bundesstaaten sank nach der Legalisierung der Anteil des Schwarzmarkts am Cannabishandel erheblich – teils um 75 % und mehr. Diese Erfahrungen flossen in die Konzeption des deutschen 2-Säulen-Modells mit ein.

Zusammengefasst wollte die Politik Schwarzmarkt und organisierte Kriminalität schwächen, die Jugend besser schützen und den öffentlichen Gesundheitsaspekt in den Vordergrund rücken. Cannabis soll aus der illegalen Ecke geholt und reguliert werden, ähnlich wie Alkohol oder Tabak, um Schäden zu reduzieren statt den Konsum schlicht zu verdrängen.

Welche Entwicklungen gab es im ersten Jahr?

Seit der Teillegalisierung von Cannabis ist knapp ein Jahr vergangen (April 2024 bis August 2025). Obwohl dieser Zeitraum kurz ist, lassen sich einige erste Trends und Effekte beobachten:

  • Cannabis-Clubs und Anbau: Bundesweit haben im zweiten Halbjahr 2024 zahlreiche Vereine Anträge für Cannabis-Anbauvereinigungen gestellt. Bis Anfang 2025 wurden jedoch erst relativ wenige Vereine tatsächlich lizenziert, da die Antragsprüfung Zeit braucht. Dennoch hat die Branche Fahrt aufgenommen: Laut Branchenverband Cannabiswirtschaft wurde in Deutschland im Frühjahr 2025 bereits auf über 5.800 Hektar Cannabis angebaut (inklusive Privat- und Vereinsanbau). Die Clubs dürfen zwar keinen Gewinn machen, bringen aber wirtschaftliche Effekte mit. So waren Anbauzubehör und Samen nach der Teillegalisierung über lange Zeit ausverkauft, die Clubs mieten Flächen und investieren Hunderttausende Euro in Plantagen, Strom und spezielles Licht.
  • Wirtschaftliche Effekte: Laut Branchenverband sind 2024 etwa 300 Millionen Euro an Investitionen in die deutsche Cannabiswirtschaft geflossen, 80 % davon in den medizinischen Bereich. Die Hoffnung auf zukünftige kommerzielle Modellprojekte befeuert die Branche zusätzlich. Mehrere Unternehmen positionieren sich für den Fall einer Säule-2-Umsetzung (z.B. Apothekenkooperationen, Start-ups für Lieferketten). Die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen haben also bereits Arbeitsplätze und wirtschaftliche Aktivitäten geschaffen.
  • Medizinischer Cannabis-Bedarf: Nach der Legalisierung von Genusscannabis ist es deutlich einfacher geworden, Cannabis als Medizin zu erhalten – nicht zuletzt, weil das Thema entstigmatisiert wurde. Nach Angaben des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) stieg der Import von medizinischem Cannabis 2024 sprunghaft an: Im ersten Quartal wurden rund 8,1 Tonnen importiert, im vierten Quartal bereits 31,7 Tonnen. Insgesamt wurden 2024 damit mehr als 72 Tonnen Cannabisblüten für medizinische und wissenschaftliche Zwecke eingeführt. Damit hat sich die Importmenge innerhalb eines Jahres nahezu vervierfacht. Der größte Anteil kam mit über 33 Tonnen aus Kanada. Diese Zahlen zeigen, dass erheblich mehr Patienten Cannabis auf Rezept nutzen – oder dass vermehrt Privatrezepte über Telemedizin ausgestellt wurden. Die gestiegene Verfügbarkeit und Entkriminalisierung haben offenbar die Hemmschwelle gesenkt, eine Cannabismedizin auszuprobieren.
  • Konsumverhalten: Belastbare repräsentative Daten liegen noch nicht vor. Erste Umfragen deuten an, dass kein massiver Anstieg des Cannabiskonsums zu verzeichnen ist. Die meisten erwachsenen Kiffer konsumieren etwa in gleichem Umfang wie vor der Legalisierung; es gibt aber vereinzelt „Neukonsumenten", die Cannabis nun ausprobieren, da es legal ist. Bei Jugendlichen war der Cannabiskonsum bereits vor 2024 rückläufig (dank Präventionsbemühungen). Ob die Legalisierung hier eine Trendumkehr bewirkt, ist unklar – einige Experten vermuten, dass das „Verbotene" nun an Reiz verliert. Eine Abwassermessung in Stuttgart ergab einen moderaten Anstieg der THC-Abbauprodukte um 13 % nach Einführung des Gesetzes. Andere Städte zeigten teils keine Zunahme. Insgesamt lässt sich sagen: Panik vor einer Kiff-Welle war unbegründet, aber es ist auch nicht so, dass niemand zusätzlich konsumiert – das Bild ist differenziert.
  • Schwarzmarkt: Um den Schwarzmarkt deutlich zu verkleinern, gibt es noch zu wenig legale Möglichkeiten, sich mit Cannabis zu versorgen. Hier war die Teillegalisierung im ersten Jahr nicht so erfolgreich wie erhofft. Die Möglichkeiten (Eigenanbau und wenige Anbauvereine) werden zwar rege genutzt, decken aber längst nicht die gesamte Nachfrage. Entsprechend bleibt ein Großteil des Cannabiskonsums weiterhin durch illegale Quellen gedeckt. Immerhin: Die sogenannten Anbauvereinigungen haben einen Einfluss – obwohl es noch wenige gibt. Auch der Preis für Cannabis hat sich durch das legale Angebot teilweise reduziert (medizinisches Cannabis ist inzwischen günstiger als Schwarzmarkt-Ware). Dennoch dürften viele Konsumenten, die keinen Club in der Nähe haben oder größeren Bedarf, weiterhin den Schwarzmarkt frequentieren. Die erhoffte Austrocknung des illegalen Handels steht also noch aus.

Quellen

Footnotes

  1. Deutscher Bundestag (Plenarprotokoll, 18.10.2023) – Einbringung Cannabisgesetz: Cannabis war bisher illegale Droge gemäß BtMG; der Gesetzentwurf sieht legalen Besitz und Konsum für Erwachsene unter Auflagen vor.

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